Über den Tellerrand kochen: Somalia

Danke an die Gastgeberin Gertrud Hinkes für ihren ausführlichen Gastbeitrag, den wir gerne in seiner ganzen Länge veröffentlichen. Zeigt er doch wunderbar, dass es nicht immer ganz so leicht ist, die Kulturen zusammen zu bringen, dass es sich aber in jedem Fall lohnt, es beständig zu versuchen. 🙂 

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20.02.2016 – ein somalischer Tag bei Gertrud und Karl

Der so lange geplante somalische Tag bei uns hat nun nach einem sehr langen Vorlauf und einigen Schwierigkeiten bei uns zu Hause endlich stattgefunden.

Aber zunächst zurück auf den Anfang.

Nach meiner Anmeldung beim Asylkreis im September 2015 war schnell klar, daß ich beim „Kochen über den Tellerrand“ mitmache. Es sollte somalisch gekocht werden, mit Asiya (alleine in Deutschland) und einer Familie (Abdirahman, Farhiya und 3 Kinder unter 5 Jahren.  Die Menü-Findung war ein wenig abenteuerlich, weil es kaum Rezepte gab, meist nur eine grobe Aufzählung der wesentlichen Zutaten. Als Termin haben wir den 05.12.2015 vereinbart.

Kurz vor dem 05.12. wollte ich mich noch einmal telefonisch melden. Mit Farhiya und Asiya wollte ich am 04.12. einkaufen und am 05.12. ab ca. 12:00 kochen und gegen 16:00 wollten wir alle gemeinsam essen.

Gesagt getan. Etwa 1 Woche vor dem Termin habe ich mich bei Familie Muhumed telefonisch gemeldet. Abdirahman berichtete mir, dass er zurzeit den Führerschein macht und deswegen am 05.12. leider keine Zeit hat. Damit war der Termin gestorben. Wir haben Abdirahman zwar nicht zum Kochen benötigt, aber er sollte während der Zeit die Kinder „hüten“. Ein späterer Termin im Dezember war wegen seines Führerscheins leider auch nicht möglich. Also haben wir das Kochen bis Januar 2016 auf Eis gelegt. Asiya habe ich informiert und die eingeladenen Gäste wieder ausgeladen.

Im Januar 2016 haben wir einen neuen Termin vereinbart, den 20.02.2016. Eine Woche vor dem 20.02. habe ich die genaueren Zeiten mit den Somalis abgestimmt. Immer noch alles in „Butter“.
Schnell waren auch weitere Gäste gefunden, 2 Paare aus dem Asylkreis. Leider bekam ich dann bis kurz vor dem Termin von allen aus den unterschiedlichsten Gründen eine Absage.
Ich stand dann etwas ratlos da. Absagen wollte ich den Termin nicht schon wieder. Nach einigen Telefonaten hatte ich ein Ehepaar (Katharina und Wilhelm) gefunden, das spontan zugesagt hat.
Am 19.02. bin ich gegen 15:30 mit Asiya und Farhiya zum Einkaufen aufgebrochen, geplant war 14:00, aber in Somalia ticken die Uhren halt anders. Von Asiya habe ich während des Einkaufs erfahren, daß sie eine befreundete Somalierin (Aischa) mitbringt. Das kam zwar überraschend, aber es war ja noch Platz am Tisch.
Es ging nach Mönchengladbach in die Innenstadt zu einem türkischen Lebensmittelladen. Es war schon sehr abenteuerlich mit den beiden Damen einzukaufen. Nach einigen hin und her im Laden und einigen Diskussionen über die Einkaufsmenge (z.B. benötigen wir wirklich 5 kg Reis?), sind wir glücklich mit unseren Einkäufen nach Waldniel zurück. Die noch fehlenden Zutaten haben wir beim Discounter erstanden.

Am nächsten Tag teilte mir Katharina mit, daß ihr Mann fast bewegungsunfähig sei. Aber sie wollte trotzdem kommen. Wieder ein Gast weniger!

In meiner Küche habe ich, soweit möglich, alles vorbereitet: Begrüßungs-Smoothie gemixt, Gemüse gewaschen, Zutaten zusammengestellt, Ölflaschen nachgefüllt, Mülleimer geleert usw.
Gegen 12:00 wollte ich Asiya, ihre Freundin Aischa und die vorbereiteten Sambusa abholen. Aischa kam nicht mit, weil sie stark erkältet war, dafür hatte Asiya aber nicht nur Sambusa sondern noch eine weitere Art von Teigtaschen und einen Bohnensalat mit Reis vorbereitet. Ich dachte nur, wer soll das alles essen? Das Abholen von Farhiya hat reibungslos geklappt. Allerdings war sie erkältet, fühlte sich aber einigermaßen fit für unsere Kochaktivitäten.

Bei mir zu Hause angekommen, wollte ich den beiden zunächst meine Küche erklären und mit ihnen in Ruhe einen Smoothie trinken. Keine Chance! Beide haben sich ohne Umschweife direkt an die Arbeit gemacht.

Asyia aus Somalia
Asiya auf dem Hochstuhl, den sie sofort für sich entdeckt und nicht mehr hergegeben hat.

Innerhalb kürzester Zeit war Hektik ausgebrochen. Farhiya hat das Kommando übernommen. Ich konnte nicht schnell genug alles Benötigte an Behältnissen, Messern, Brettern usw. herbeischaffen. Zusätzlich bekam ich einige Schnippelaufgaben übertragen. Teilweise musste ich mich zur Wehr setzen, weil das eine oder andere Farhiya nicht schnell genug ging: Mach den Topf mit dem Pudding leer, ich benötige den für den Reis.

Farhiya beim Frittieren des Gemüses
Farhiya beim Frittieren des Gemüses

Zwischendurch habe ich immer wieder gespült, aufgeräumt, den Herd sauber gewischt, damit nicht das totale Chaos ausbricht.
Die größten Schwierigkeiten hatten die beiden Damen mit dem Induktionsherd. Sie wollten ihn nicht selbst bedienen und haben den Herd auch immer wieder ausgeschaltet. Alles Erklären half nichts. Ich habe an diesem Tag gefühlt 100 mal den Herd eingeschaltet und die Temperatur geregelt.

Gegen 14:00 kam Katharina und hat mich tatkräftig unterstützt. Ich war richtig froh über die Hilfe.

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Gegen 15:00 hatten wir das Essen fertig. Mit Abdirahman habe ich die Abholung der restlichen Familie für 15:45 vereinbart. Gegen 15:30 rief er zurück und bat um etwas mehr Zeit.

Trotz schlechtem Wetter (es regnete ohne Unterlass) habe ich den Rest der Familie sicher und heil nach Waldniel gebracht. Zunächst haben wir uns alle mit einander bekannt gemacht. Die 3 Kinder (Fatuma, Yusuf und Jasir) waren noch etwas zurückhaltend.
Asyia und Farhiya haben das Essen auf unserer Küchentheke aufgebaut, ein farbenprächtiger Anblick und der machte uns Appetit.

Asyia und Farhiya haben das Essen auf unserer Küchentheke aufgebaut, ein farbenprächtiger Anblick und der machte uns Appetit.
Asyia und Farhiya haben das Essen auf unserer Küchentheke aufgebaut, ein farbenprächtiger Anblick und der machte uns Appetit.

Diese Gerichte hatten wir in den letzten 4 Stunden vorbereitet bzw. wurde von Asiya mitgebracht

o    Im Ofen gebackenes Lamm
o    Hackfleischsoße mit afrikanischen Gewürzen
o    Spaghetti
o    Basmatireis mit frittierten Möhren, Zwiebeln und Kartoffeln, gefärbt mit roter und grüner Speisefarbe
o    Maismehlbrei
o    Bunter Salat mit Eisbergsalat, Tomaten, Gurken, Paprika, gekochtem Ei und einer Marinade aus Mayonnaise, Essig und Gewürzen
o    Sambusa: mit Hackfleisch gefüllte Teigtaschen, frittiert
o    Frittierte pikant gewürzte Teigbällchen
o    Bohnen-Reis-Salat
o    Verschiedene Würzpasten
o    Vanillepudding mit Kardamon, Ananas und Banane

Jeder hat sich reichlich bedient. Die 3 Kinder haben sich um ihre Mama gescharrt und wurden von ihr mit der Hand gefüttert. In der Tat für uns ein sehr ungewohnter Anblick. Zum Schluss selbst hat dann auch Farhiya etwas zu essen bekommen.

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Gemundet hat uns das Essen sehr. Aber es war einfach zu viel. Es hätten locker noch 5-6 weitere Personen an der Tafel sitzen können. Für Asiya und Farhiya habe ich jede Menge von unserem Essen eingepackt. Katharina hat Asiya nach Hause gefahren und ich die Familie Muhumed. Mein Auto war bis zur Halskrause gefüllt, 2 Erwachsene, 3 Kinder und ein Kindersitz.

Anschließend haben Katherina, Karl und ich noch ein wenig den Tag Revue passieren lassen und einen Absacker getrunken. Nachdem Katharina sich verabschiedet hatte, haben Karl und ich die Küche aufgeräumt, das meiste war jedoch schon zwischendurch geschafft. Also waren wir bald fertig.

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Fazit:

Es war ein interessanter, sehr anstrengender Tag. Mit Familie Muhumed habe ich vereinbart, dass wir das Essen noch einmal wiederholen, dann aber ohne Kinder. Wir müssen nur einen Babysitter für die Kinder besorgen. Schließlich sollen sich die Eltern auch mal einen entspannten Tag gönnen.

 

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